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Gastvortrag: Ein Postkolonialer Denker avant la lettre? Takeuchi Yoshimi, sein Asianismus und die Kritik an der Moderne

July 2016 @ 18:00 - 20:00

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Ein Postkolonialer Denker avant la lettre? Takeuchi Yoshimi, sein Asianismus und die Kritik an der Moderne
Thursday July 7, 2016  · 6 pm (c.t.) ·  KWZ 3.701
Prof. Viren Murthy, Department of History, University of Wisconsin-Madison

In den 1980er Jahren begann eine zentrale Auseinandersetzung zwischen Marxisten und postkolonialen Theoretikern. Letztere kritisierten den Marxismus als eurozentrisch. Ihrer Meinung nach sahen Marxisten die europäische Geschichte als universell gültig und nutzten daher das europäische Entwicklungsmodell um Asien zu erklären. So verwendeten die Marxisten Kategorien wie Sklavengesellschaft und Feudalismus, um die chinesische, japanische und indische Geschichte zu interpretieren. In dieser Hinsicht erscheint der bekannte japanische Intellektuelle Takeuchi Yoshimi (1910-1977) als postkolonialer Denker avant la lettre.  In seiner Beschäftigung mit chinesischen Autoren und  Politikern wie etwa Lu Xun, Sun Yat-sen und Mao Zedong kritisiert Takeuchi Kategorien wie Ost und West und entwickelt dadurch eine neue politische Sicht von Asien. Seiner Meinung nach wurde der Orient durch den Imperialismus erschaffen und daher als weniger fortschrittlich beurteilt als der Okzident. Intellektuelle im Orient setzen diese Wertung voraus, obwohl sie gegen den Westen kämpfen, denn in der Dialektik der 4.-Mai-Bewegung in China oder in der japanischen Meiji-Restauration kämpften chinesische und japanische Intellektuelle gegen den Imperialismus. In diesen Bewegungen verleugneten die Intellektuellen jedoch ihre eigene Kultur, die sie als ein Hindernis für die Modernisierung sahen.  Takeuchi lieferte  hier eine neue Interpretation mit seiner Kritik an Ost und West.

Takeuchi machte seinen Standpunkt durch seine eigene Auslegung von Lu Xun deutlich.  Lu Xun ist der bekannteste moderne Schriftsteller in China und  war nach den 1930er Jahren in China als Verteidiger der Modernisierung bekannt.  Als Takeuchis berühmtes Buch über Lu Xun 1944 erschien war er wahrscheinlich einer der ersten, der Lu Xun als Kritiker der Moderne, oder zumindest als einen der Moderne gegenüber zwiegespaltenen Denker, einschätzte. Heutzutage ist eine solche Interpretation weit verbreitet. Der chinesische Neulinke Wang Hui hat beispielsweise in den späten 1980er Jahren eine ähnliche Interpretation von Lu Xun entwickelt. Dank des Einflusses subalterner und postkolonialer Studien in den 1990er Jahren haben Japanologen und wie Sinologen Takeuchi Yoshimi und seine Lu-Xun-Interpretation wiederentdeckt. In seinem Buch Takeuchi Yoshimi: Displacing the West (2004) versucht Richard Calichman Takeuchi philosophisch auszulegen und Takeuchis Begriff von Gefühl bzw. Passivität auf Basis der Thesen von Derrida und Jean-Luc Nancy zu erklären.

Christian Uhls Wer War Takeuchis Lu Xun hingegen versucht Takeuchi von einer historischen Seite anzugehen und erklärt, wie Takeuchi einige Begriffe und auch den theoretischen Rahmen von Nishida Kitaro verwendet. Ich versuche diese beiden Methoden weiterzuentwickeln, konzentriere mich aber mehr auf die die Bedingungen der Interpretation Takeuchis sowie darauf, wie solche Bedingungen mit den globalen Phänomenen des Kapitalismus und Imperialismus verknüpft sind. Takeuchi versucht  nämlich hier alternative Arten von Transzendenz zu entdecken und konstruiert durch eine literarische bzw. religiöse Transzendenz seine politische Vision. Seiner Meinung nach ist eine solche politische Transzendenz von einer eurozentrischen Perspektive aus nicht zu finden.  Die politische Vision, die Takeuchi in China und Asien findet, basiert auf einer anderen Art, die Politik, Religion und Literatur verbindet. In diesem Vortrag beabsichtige ich, Takeuchis politische Ansicht von Asien bzw. seine Auslegung von Lu Xuns politischer Ansicht in einer Theorie des Kapitalismus zu begründen. Es ist bekannt, daß Okawa Shumei Religion und Politik verbunden hat. Takeuchi versucht sich jedoch an dem Projekt, Politik, Religion und Literatur zu verknüpfen. Dieses Vorgehen ist mit der Suche nach einer Welt jenseits des Kapitalismus verbunden. Es ist zudem sein eigener Versuch, eine neue sozialistische Politik zu schaffen. Wir können seinen Versuch postkolonial nennen, aber trotzdem gibt es auch eine hegelianische Dimension, weil Takeuchi danach strebt, durch die Vermittlung Asiens westliche Ideale wie Freiheit und Egalität auf einer höheren Ebene zu realisieren.

 

Image: By guercio, it depends on the cage you are in  CC BY 2.0, https://flic.kr/p/6ctyJd
Poster Design: CeMEAS

 

Details

Date:
July 2016
Time:
18:00 - 20:00
Event Categories:
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Venue

Kulturwissenschaftliches Zentrum (KWZ)